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"KINDER IN DER PANDEMIE
Was ist gefährlicher - Long Covid oder Long Lockdown?
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Als die Thüringer Staatssekretärin Julia Heesen auf Twitter für Präsenzunterricht eintrat und dabei unter anderem so argumentierte, dass das Krankheitsbild Long Covid „noch nicht geklärt“ sei, wurde sie von Ministerpräsident Bodo Ramelow entlassen. Eine äußerst zweifelhafte Maßnahme, die deutlich macht, wie Long Covid als politisches Instrument für Maßnahmen an Schulen benutzt wird.
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Entsprechend einer britischen Studie, erschienen bei „The Lancet“, die im August veröffentlicht wurde, beträgt die Dauer der Covid-19-Erkrankung bei Kindern, die zwischen fünf und elf Jahre alt sind, im Mittel fünf Tage, bei 12- bis 17-Jährigen sind es sieben Tage. Fünf Prozent der älteren und vier Prozent der jüngeren Kinder hatten nach 28 Tagen noch Krankheitssymptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und Geschmacksverlust. Danach nehmen die Symptome weiter ab, nur knapp zwei Prozent hatten noch nach acht Wochen Symptome.
Das Problem ist jedoch, dass diese Symptome auch andere Ursachen haben können. Die eindeutige Zuordnung zur Infektion ist nicht gegeben. Die möglichen Szenarien sind vielfältig. So kann es etwa sein, dass im Zuge der Erkrankung überhaupt erst eine verstärkte Aufmerksamkeit auf das Auftreten solcher Symptome gerichtet wird. Es ist auch möglich, dass mit der Infektion Verhaltensänderungen einhergehen, etwa weniger Bewegung, weniger Sport, die wiederum zum Auftreten von Symptomen beitragen.

Schließlich ist es denkbar, dass Erschöpfung, Müdigkeit und Kopfschmerzen überhaupt den außergewöhnlichen Belastungen der Kinder im Zuge der Pandemie geschuldet sind. Zu diesen gehören Schulschließungen, Maskenpflicht, Distanzierung, Ausfall von Freizeitsport und gemeinsamen Aktivitäten wie Singen, gemeinsamem Spielen und Tanzen.

Auch die Belastung durch die ständigen Ermahnungen zur Vorsicht, zur Ruhe, zum Abstandhalten, der fehlende Kontakt zu Großeltern, Verwandten und Freunden könnte zu ähnlichen und gleichen Symptomen führen.

Dies genauer zu untersuchen, ist die Aufgabe und der Zweck empirischer Untersuchungen, von denen in den letzten Monaten eine Vielzahl durchgeführt oder begonnen wurden. Die Ergebnisse dieser Studien sind unterschiedlich, allerdings auch die Qualität des Studiendesigns. Sicher sind sich die Forscher inzwischen, dass es Long Covid wirklich gibt. Tobias Tenenbaum von der DGPI fasst es so zusammen: „Es gibt diese Patienten auf jeden Fall, auch unter den Kindern. Wir finden bei kontrollierten Studien ein Signal über der Kontrollgruppe, aber auch ein hohes Signal in der Kontrollgruppe.“

Meta-Analysen und Reviews, die die Ergebnisse verschiedener Einzelstudien zusammenführen und hinsichtlich des Studiendesigns und der Qualität miteinander abgleichen und so die verschiedenen Resultate zu einem konsistenten Bild zusammenzufügen, zeigen, dass die Eindeutigkeit von Long Covid umso mehr schwindet, desto besser die Qualität der Studie ist. 

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Burkhard Rodeck, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ), erläutert: „Die Symptomatik von Long Covid und den allgemeinen Belastungserscheinungen durch die Corona-Maßnahmen – wir nennen es ‚Long Lockdown‘ – ist sehr ähnlich und kaum zu unterscheiden. Beide äußern sich in chronischer Müdigkeit und einer Reihe anderer Beschwerden; Geruchs- und Geschmacksverluste findet man jedoch nur bei Kindern, die an Covid-19 erkrankt sind.“

Die britische „Lancet“-Publikation bestätigte die Ergebnisse einer Schweizer Studie aus dem Juli. Diese ergab, dass bei nur etwa vier Prozent der Kinder auch nach zwölf Wochen noch leichte Symptome wie Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und ein erhöhtes Schlafbedürfnis anhielten. 96 Prozent verfügten über einen ausgezeichneten Gesundheitszustand nach der überstandenen Infektion.
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