Rechtsprechung
‼️ Landkreis Osnabrück muß Genesenenausweis für sechs Monate ausstellen


🔹 Das Verwaltungsgericht Osnabrück hält in einer wegweisende Entscheidung vom 4. Februar 2022 die Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage für verfassungswidrig. Nun muß der Landkreis einem Kläger einen Nachweis für sechs Monate ausstellen.

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🔹 Der Ausschluß Einzelner vom öffentlichen Leben habe eine "hohe Grundrechtsrelevanz", teilte das Gericht mit. Es verstoße gegen das Verfassungsrecht, daß die Dauer in der Verordnung durch Verweise auf die durch das Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Vorgaben beschränkt werde. Der Verweis auf die sich ständig ändernde RKI-Internetseite sei intransparent und unbestimmt. Weiter habe das RKI nicht genügend wissenschaftlich aufgearbeitet, ob belegt sei, daß der Schutz Genesener nach 90 Tagen ende.

🔹 Die Entscheidung gilt nun nur für den einzelnen Kläger. Nach eigenen Angaben darf das Verwaltungsgericht nicht entscheiden, daß die Norm grundsätzlich nicht angewandt werden müsse. Juristisch ausgedrückt: Das Verwaltungsgericht hat – anders als das Oberverwaltungsgericht – keine sogenannte allgemeine Normverwerfungskompetenz. Andere Genesene müssten also selbst klagen, um einen Nachweis für sechs Monate zu bekommen.

🔹 Deshalb sei die Verordnung in der Fassung vom 8. Mai 2021 anzuwenden, die den Genesenennachweis für den Zeitraum 28 Tage nach (positiver) PCR-Testung bis sechs Monate bestimme (§ 2 Nr. 5 SchAusnahmV). Damit beantwortet das Gericht auch die Frage, für wie lange der Genesenenstatus gilt: nämlich bis sechs Monate nach (positiver) PCR-Testung - und nicht für sechs Monate nach Ablauf von 28 Tagen nach (positivem) PCR-Test.

🔹 Soweit der Antragsteller mit seinem Antrag außerdem erreichen wollte, daß sein Genesenenstatus schon ab dem Zeitpunkt der Entlassung aus der Quarantäne gelten sollte, blieb der Antrag erfolglos. Die 28-Tage-Regelung in der SchAusnahmV aus Mai 2021 beruhe auf nachvollziehbaren wissenschaftlichen Erwägungen. Mit anderen Worten: der Genesenenstatus beginnt ab dem 28. Tag nach PCR-Test.

🔹 Gegen den Beschluß ist für den beklagten Landkreis der Rechtsweg zum Oberverwaltungsgericht eröffnet, der Beschluß (Az. 3 B 4/22) ist daher noch nicht rechtskräftig, das heißt noch nicht endgültig und kann binnen zwei Wochen nach Zustellung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.

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👉 Mein Kommentar: Das Urteil ist exemplarisch gut gearbeitet und setzt sich in herausragender Weise von anderen Urteilen der letzten zwei Jahre ab. Hier haben Richter einfach nur ihre juristische Arbeit gemacht. Es wurde angehört, geprüft, abgewogen und ausgelegt. Alles mit entsprechenden Begründungen, die für die Bürger und für Juristen nachvollziehbar sind. Auch wenn man nicht in jedem Detail zustimmen möchte. Das Gericht beantwortet die Fragen, um die es geht. Und es legt den Finger in die "Wunde". Mit anderen Worten: dieses Gericht hat seinen einzigen Auftrag, nämlich die Exekutive zu kontrollieren, wahrgenommen!

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Rechtsanwalt Dr. Alexander Christ
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