Nicht nur das, auch die Pluralität der Meinungen bei den Lehrgangsteilnehmer:innen ist so, dass es durchaus Zustimmung zur Ablehnung von Waffenlieferungen, Zustimmung zur Analyse und Warnung vor der Eskalationsspirale, viel Kopfnicken zur Analyse der Kriegsvorgeschichte, den Fehlern des Westens und insbesondere der USA gibt. Ich habe vor Jahr und Tag mal gelernt: "Für den Hammer sieht alles aus wie ein Nagel." Aber das ist falsch: Auch energisches Kopfnicken und breite Zustimmung erfuhr ich, als ich meinen Eindruck schilderte, dass die Bereitschaft zur Waffenlieferungen, militärischer Rhetorik usw. umso größer sei, je weiter die Leute (Politiker:innen, Journalist:innen usw.) von der Bundeswehr entfernt seien. Die gut ausgebildeten Soldatinnen und Soldaten wissen einfach, was Krieg ist, wie er funktioniert, kennen zumeist — nicht zuletzt aus der Afghanistanerfahrung — die Grenzen der Logik des Militärischen usw. Ein Teilnehmer sagte zudem: Die Soldaten müssten ja am meisten für den Frieden sein, weil sie es ja sind, die im Krieg den Kopf hinzuhalten hätten.

Selbst meine Kritik am 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr ist wohlwollend und sachlich diskutiert und teilweise auch ganz oder in signifikanten Einzelaspekten angenommen worden. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die demokratiepolitisch fragwürdige Durchsetzung der "Zeitenwende" und im Hinblick auf die damit verbundenen zwangsläufigen Sozialkürzungen. Es galt aber auch im Hinblick auf die Gefahren einer fortgesetzten Asymmetrie zwischen NATO und Russland, die Gefahren des neuen globalen Wettrüstens usw. und im Hinblick auf die grundsätzlichen Beschaffungsprobleme bei der Bundeswehr. Ein Teilnehmer sagte dazu: Es sei schon viel Geld in die Bundeswehr geflossen, aber er würde trotzdem "nicht von Aufrüstung sprechen, sondern bloß von monetärer Aufstockung, weil jeder weiß: Wir sind ein ganz ineffizienter Haufen" (worauf er aus allen Richtung lachende Zustimmung bekam, wie man es aus allen Organisationen kennt, die sich über ihre eigenen institutionellen und strukturellen Schwächen bewusst sind).

Kurzum, es ist kein Zufall, dass einige der besonnensten und kritischsten Stimmen in diesem Krieg heute aus der Bundeswehr selbst kommen, dass man auch in der Bundeswehr für linke Außen-, Friedens- und Sicherheitspolitik — die Ablehnung von Auslandseinsätzen, eine größere Unabhängigkeit von den USA, Abrüstung und Rüstungskontrolle usw. usf. — werben kann und sollte, ja politische Unterstützung findet (offene Bewunderung für Sahra Wagenknecht oder Gregor Gysi gehört da immer dazu...), und dass das Militarismusproblem eben großteils aus der gar nicht so zivilen Zivilgesellschaft kommt, die leichtfertig Soldatinnen und Soldaten in Kriege verwickeln, weil sie von Krieg und Frieden wenig bis keine Ahnung haben und sie es auch nicht selbst sind, die darin ihre körperliche Unversehrtheit, ihre psychische Gesundheit, ihr Leben riskieren.«
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