Die Entscheidung

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Sie kommen in mein Zimmer, besprechen die heute anstehende OP mit mir.

Nicht sonderlich gefährlich, eine Korrektur OP.
Beide Füße werden geöffnet, Drähte rein, zur Stabilisierung, da die gebrochenen Knochen schief im Gewebe lagern.

Dennoch muss man mich fragen ob ich gewisse Sachen ablehne im Falle des Falles, ob ich etwas NICHT will, wenn etwas schief geht.

Lebensverlängernde Maßnahmen etc.

Ich überlege kurz, Stille, die Ärzte klappern nervös mit ihren Kugelschreibern, Zeit ist kostbar.

Keine Bluttransfusion, sage ich.

Sie schaut mich irritiert an, wie meinen Sie das, die Verwendung von Bluttransfusionen ist bei dieser Art der OP‘s unwahrscheinlich aber das ist auf jeden Fall ein wichtiger Punkt den es grundsätzlich zu klären gilt!

Ich bin ungeimpft, sage ich, ich lehne geimpftes Blut ab.

Nervosität macht sich breit im Raum.

Ist es Nervosität, ist es Ablehnung, Verachtung?!

Ich bin nicht geimpft, und das soll auch so bleiben, sage ich.
Und ich weiß das die Blutkonserven der Spender bei Abnahme NICHT gekennzeichnet werden nach geimpftem und ungeimpftem Blut.

Sie sagt, Frau Lorenz, sind Ihnen die Konsequenzen dieser Entscheidung bewusst. Falls etwas sein sollte, wenn irgendwas schief geht, heute, morgen, egal wann, dann kann ihnen niemand helfen. Im Extremfall sterben sie.

Pause. Ich schließe die Augen. Ich habe nur mein Gefühl, meinen Bauch, diese immer anwesende Stimme in mir.

Keine Bluttransfusion, höre ich mich sagen.

Ist es Entsetzen was sich im Raum ausbreitet?!

Es ist ausgesprochen. Es steht fest. Ich schreibe es auf den weißen Zettel. Ich setze meine Unterschrift darunter. Ich setze einen Punkt dahinter.

Ich bin mir sicher.

Ich spüre die Blicke der Ärzte auf mir.

Sie nimmt den Zettel entgegen, nickt flüchtig, zu flüchtig um noch als freundlich zu gelten.

Man wünscht mir einen schönen Tag, man hole mich am Nachmittag zur OP ab. Die Belegschaft verlässt den Raum.

Ich lehne mich im Bett zurück, schaue in den wunderschönen Himmel vor meinem Fenster.

Ein kleiner gelber Schmetterling fliegt hektisch daran vorbei. Er kündigt den Sommer an, den Sommer den ich dieses Jahr im Bett verbringen werde.

Wenige Sekunden später geht die Tür erneut auf, eine der Ärztinnen spät durch den Spalt, sie nimmt die Maske ganz kurz vom Gesicht. Es ist ein evangelisches Krankenhaus:

Die Zeugen Jehovas lehnen die Impfung auch ab. Und viele der jüdischen Gemeinden. Setzen Sie sich mit denen in Verbindung. Für den Fall der Fälle. In Zukunft.

Ich schaue ihr in die Augen, Stille, ein Lächeln, ich flüstere ein Danke.

Sie lächelt zurück, deutet ein Nicken an und verlässt zügig den Raum.