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RT DE Tod und Teufel: Prigoschin, Aiwanger und die Unschuldsvermutung Von Tom J. Wellbrock Kürzlich saß ich mit zwei guten Freunden zusammen. Unsere Freundschaft hat die letzten Jahre unbeschadet überstanden, auch wenn wir wahrlich nicht immer einer Meinung…
Auf den Tisch kam auch das Argument, dass die USA gern die Franzosen aus Afrika raushätten. Ganz sicher gefallen den Amerikanern aber auch die russischen Aktivitäten in Afrika nicht. Und da kommt erneut Prigoschin ins Spiel. Ihn auszuschalten, könnte die Möglichkeiten der US-amerikanischen Einflussnahme in Afrika erhöhen. Wir sprachen auch über einen inszenierten Tod (das scheint nach allem, was inzwischen bekannt ist, kein Thema mehr zu sein), sogar einen im wahrsten Sinne des Wortes sterbenslangweiliger Unfall konnten wir in unserem Gespräch nicht ausschließen.

Kurzum: Wir taten das, was man tut, wenn man nicht genug weiß und unbedingt über ein Thema sprechen will, von dem man weiß, dass man nicht viel weiß: Wir spekulierten.

Flugzeug in den Tod

Annalena Baerbock – offiziell Deutschlands Außenministerin, inoffiziell die wandelnde Ahnungslosigkeit –, die irgendwas mit Völkerrecht zu tun hat, von dem niemand weiß, was genau das sein könnte, legte sich schnell fest: Putin war's, er hat Prigoschin umgebracht, muss so sein. Unzählige andere Politiker taten es ihr nach, die "Qualitätsmedien" hatten auch keine andere Erklärung parat als die, dass Putin es war (was übrigens nicht nur für unseriösen Journalismus, sondern auch für eine blutleere Fantasie spricht).

Wenn man sich unterschiedliche Szenarien anschaut, kann man tatsächlich zu dem Schluss kommen, dass Putins persönliche Schmerzgrenze mit Prigoschin erreicht war. Man kann aber auch auf zahlreiche andere Variationen kommen, wie etwa die einer Täterschaft der Amerikaner. Man könnte auch fragen, ob es so clever gewesen wäre, den bekanntesten Söldner der Welt ausgerechnet über Russland in die erbarmungslose Gesetzmäßigkeit der Gravitation zu zwingen. Was für Vorteile – außer der persönlichen Genugtuung – hätte Prigoschins Tod für Putin? Klar, all jene, die sowieso der Meinung sind, Putin sei ein emotionaler Autokrat, der nur durch seine Urinstinkte getrieben ist, können zu keiner anderen Täterschaft als der Putins kommen. Man könnte aber auch die Gegenfrage stellen, wie es um die journalistische Kompetenz bestellt ist. Denn zu ignorieren, dass Russlands Präsident ein pragmatischer, kühl entscheidender Mann ist, grenzt an eine ausgeprägte intellektuelle Verweigerungshaltung, die wir allerdings hierzulande tatsächlich häufig antreffen.

Der eigentliche Punkt ist der, dass zum jetzigen Zeitpunkt nicht (und womöglich niemals) herauskommen wird, wie Prigoschin tatsächlich zu Tode kam. Und damit kommen wir einmal mehr zum zweiten wichtigen Punkt: der Unschuldsvermutung.

Sie wurde getötet, ausradiert, eliminiert, schon das Wort findet nicht mehr statt. Vielmehr wird jedes Ereignis eingeordnet, bevor auch nur ansatzweise Aspekte bekanntgeworden sind, die wichtig wären, um eine solche Einordnung vorzunehmen. Die Motivation dahinter ist denkbar schlicht, jedes Ereignis wird für die politische Propaganda benutzt, die tatsächlichen Hintergründe sind uninteressant.

Das ist der Zweck von Propaganda. Sie in einem Satz mit dem Wort "Wahrheit" zu nennen, ist ein politisches Verbrechen, eine infantile Albernheit, eine leicht zu durchschauende Dummheit. Propaganda zeichnet sich eben nicht durch Klugheit aus, sondern durch Effizienz. Wohl auch deshalb zeigt sich unsere Außenministerin so begabt auf diesem Gebiet.

Der Vorwurf muss weiten Teilen der Bevölkerung gemacht werden, die einfach mitmachen, die meist noch weniger wissen als die Dummköpfe aus Politik und Medien, deren Job die propagandistische Effizienz ist. Man muss, so scheint es, den Menschen das Wort "Unschuldsvermutung" sinnbildlich offenbar mit einem Hammer direkt in die Gehirngänge rammen, in der Hoffnung, dass die Erkenntnis an der richtigen Stelle landet und dort ihre Aufgabe verrichten kann.

35 Jahre unbemerkt: Nazi Aiwanger

Apropos Unschuldsvermutung – wir müssen über Hubert Aiwanger sprechen, dem nach 35 Jahren zur Last gelegt wird, ein Flugblatt geschrieben, verteilt oder gemocht zu haben; der vielleicht auch nur seine Schreibmaschine zur Verfügung gestellt hat, um das Grauen in Worte zu fassen.
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