Der Berggeister Geschenke.
Teil 2.)
...
Da raffte er so viel zusammen, als er fortbringen konnte, eilte in die Dorfschenke zurück, deckte sich mit dem Rocke und konnte nicht einschlafen vor Erwartung, wenn nun die Taschen, die von den Kohlen angefüllt so leicht waren, immer schwerer und schwerer werden würden. Aber es geht nicht Alles auf Erden wie die thörichten Menschen meinen: die Taschen blieben leicht. Kaum begann es zu dämmern, so ging er ans Fenster und besah alle Stücke Kohlen einzeln; doch es waren gewöhnliche Kohlen und machten ihm die Finger schwarz. Erschrocken holte er sein Gold vom vorigen Tage herbei; doch auch das glänzte nicht mehr röthlich: es war Alles wieder zu Kohle geworden. Da weckte er den Schneider um ihm sein Leid zu klagen; doch wie der ihn ansah, erschrak er, und nun erfuhr der Goldschmied erst sein ganzes Unglück. Haare und Bart waren ihm glatt abgeschoren, und sie wuchsen auch nie wieder: was aber das Schlimmste war, er hatte einen Höker auf dem Rücken gehabt, und nun hatte er einen zweiten, eben so großen vorn auf der Brust und war von nun an zu seiner Arbeit untüchtig. Da erkannte er wohl daß dies die Strafe für seine Ungenügsamkeit war und fing bitterlich zu weinen an. Der Schneider aber tröstete ihn und sprach »Da wir so lange auf der Wanderschaft gute Gesellen gewesen sind und den Schatz zusammen gefunden haben, so sollst du hinfort auch bei mir leben und mit von meinem Schatze zehren.« Und der Schneider wurde bald Meister und nahm seine Margaret zur ehlichen Hausfrau: er hat fromme Kinder und immer viel Arbeit, und den Goldschmied mit den beiden Hökern und ohne Haare pflegt er noch.•

Emil Friedrich Julius Sommer (1819–1846)
[Sagen Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen. Deutsche Märchen und Sagen].

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