Rechtsanwältin Jessica Hamed auf Twitter:
Das #Bundesverfassungsgericht wird - und wurde auch von mir lange Zeit - gemeinhin überschätzt.

Dem Gericht fällt als „Hüter der Verfassung“ eine herausgehobene Rolle zu und der Gedanke, dass im Zweifel der berühmte Gang nach Karlsruhe den Rechtsstaat wieder ins Gleichgewicht bringt, ist beruhigend. Der vertiefte Blick in die Entscheidungen des Gerichts in den Jahrzehnten zeigt indes, dass die hohen Erwartungen an die politisch ausgewählten Richter:innen nicht gerechtfertigt sind.

Es gibt eine Reihe offensichtlich falscher Entscheidungen, die exemplarisch zeigen, dass das Gericht vor allem den vermeintlichen, nicht selten moralisch aufgeladenen und mithin ideologisierten Zeitgeist abbildet - oder manches mal auch einfach darin verharrt, wie @Richter_Mueller heute schmerzhaft erlebte.

Zu nennen wäre zB das Urteil über die angebliche Verfassungsmäßigkeit der strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Männer, das Cannabisurteil und das Inzestverbot. All diese Entscheidungen kann man letztlich nur als strafrechtlichen Schutz von gesellschaftlichen Tabus bewerten. Aber auch der Beschluss zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht war eine Fehlentscheidung.

Neben diesen inhaltlich hochproblematischen Entscheidungen fällt das Gericht zudem schon immer damit auf, dass es die formalen Hürden an die Zulässigkeit des Antrags immer weiter nach oben verschiebt. Ich will sogar sagen, bis ins Willkürliche hinein.

Das entlastet den Anwalt insoweit, dass allgemein bekannt ist, dass alle Höchstgerichte an angefochtene Entscheidungen „dran gehen“, wenn sie es wollen und es lassen, wenn sie es nicht wollen.

Als Anwältin kann man damit letztlich nur versuchen, so wenig wie möglich formale „Angriffsfläche“ zu bieten, um eine Ablehnung nicht unnötig leicht zu machen und ansonsten hoffen, dass das jeweilige Höchstgericht Interesse daran hat, sich mit dem Thema zu befassen.

Wer sich all das bewusst macht, kann nicht mehr enttäuscht werden.
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