Ich sehe es im Fall Füllmich so. Wenn jemand eine Anwältin von 74 / 75 Jahren beauftragt, die offensichtlich keine innere Distanz zu ihrem Mandanten und keine Erfahrung im Strafrecht hat, wie es scheint - dann wird man die Beauftragung dieser Verteidigerin für naiv ansehen können, gerade von einem, der selbst Rechtsanwalt ist. Also fragt man sich unweigerlich, warum das ein Rechtsanwalt Füllmich macht, der nun wirklich als sehr geschäftstüchtig und geschäftserfahren gelten kann.
Man kann auch einen engen Kollegen oder einen Freund verteidigen in einem Strafverfahren. Aber auch da gilt: eine gewisse kritische Distanz und das Hineindenken in die Überlegungen der Staatsanwaltschaft sind halt elementar wichtig, um eine sinnvolle Strategie der Verteidigung aufzubauen. Aufzufordern, es mögen recht viele Unterstützer Briefe schreiben, damit die Justizverwaltung "zusammenbricht" und damit eine Entlassung aus der Untersuchungshaft zu erzwingen. Sorry. Was soll ich selbst als Rechtsanwalt, der nur gelegentlich, aber mit sehr viel Leidenschaft verteidigt, von so einer Verteidigungsstrategie halten? Es ist naiv, so jemanden zu beauftragen, auch wenn dieser jemand den Mandanten anhimmelt. Damit erweist die Verteidigung dem Beschuldigten keinen guten Dienst. Ich würde mir wünschen, dass Füllmich einen versierten Kollegen mit ausgewiesener Expertise im Strafrecht und in der Konfliktverteidigung beauftragt. Das wünsche ich auch der Widerstandsbewegung und ihm. Nur dann wird sich der Sachverhalt rasch aufklären. Auch eine Einigung mit den "Hafenanwälten" wäre als tätiger Lösungsversuch unbedingt anzuraten. Auch das würde wohl voraussetzen, seinen Mandanten nicht von vorne herein in Allem beizupflichten, sondern pragmatisch vorzugehen.
Rechtsanwalt Frank Großenbach