Peter Vonnahme[*], ehemaliger Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, hat für die NachDenkSeiten einen Text zum Geschehen in Nahost geschrieben. Es ist die kritische Betrachtung und Einordnung der Vorgänge durch einen im Völkerrecht geschulten Zeitgenossen.

Gaza, Völkerrecht und Staatsraison
Deutschland steht tief im Abseits

von Peter Vonnahme

Gaza liegt in Schutt und Asche. 10.000 Tote bisher (3.500 Kinder). 40 Prozent der Gebäude zerstört. Ende nicht absehbar. Die Hälfte der Bevölkerung Gazas irrt im Süden des Landstrichs umher, verzweifelt, heimatlos, hoffnungslos – in ständiger Angst vor einem todbringenden Militärschlag. Eine Flucht aus dem Freiluftgefängnis ist unmöglich, weil Israel die Grenzen überwacht. Das Schlupfloch nach Ägypten ist geschlossen. Im Innern herrscht Mangel an allem, an Trinkwasser, Nahrung, Medikamenten, Kliniken, Öl und Benzin. Gaza wandelt sich vom Gefängnis zum Kinderfriedhof. Es ist die Hölle auf Erden. Alle Appelle, die Zivilbevölkerung zu schonen, verhallen im Nichts. Israel führt nicht mehr nur einen Krieg gegen die Hamas, es ist inzwischen ein Krieg gegen die Zivilbevölkerung Gazas.

Die Blockade von Gaza durch Israel ist völkerrechtswidrig. Schon 2017 kam die UN in einem Untersuchungsbericht zu folgendem Ergebnis: „Viele dieser Maßnahmen verstoßen gegen das Völkerrecht, da sie die gesamte Bevölkerung von Gaza ohne Rücksicht auf die individuelle Verantwortung treffen und somit einer kollektiven Bestrafung gleichkommen.“

Die Realität der israelischen Kriegsführung bestätigt die Ankündigungen eindrucksvoll. Der bedeutende Völkerrechtler Prof. Norman Paech meint unter Zitierung des Internationalen Rechts: „Wir müssen uns eingestehen, das ist Völkermord! … Nur unsere Medien wollen von all dem nichts wissen, völlig der Staatsräson erlegen“. Gestützt auf Erfahrungen äußerte Paech die Sorge, dass der Vorwurf des Völkermords als purer Antisemitismus abgetan werde.
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