Staatsversagen! Schon im 15. Jahrhundert! Fehlt ein Kaiser, übernehmen Fremde das Land!

De concordantia catholica von Nikolaus von Kues (im folgenden DCC) gehört zu jener Gruppe der im Zusammengang mit den Konzilien von Konstanz (1414-1418) und Basel (1431-1449) entstandenen Reformpublizistik[1], deren Einfluss auf die Reformprozesse im Deutschen Reich des 15. Jh. – und somit ihre Rolle in der Verfassungsgeschichte – in der modernen historischen Forschung überwiegend als gering eingeschätzt wird[2]

Cusanus beschreibt den Zustand des Reiches in drastischen Bildern des krankhaften Zerfalls, wodurch die Notwendigkeit des raschen Handelns umso mehr evident werden sollte:

Eigentlich müssten wegen dieser Mißstände und Gefahren, in denen das Gemeinwesen aus den eben erwähnten Gründen steckt, sorgsam und rasch Maßnahmen ergriffen werden; denn eine tödliche Krankheit hat das Deutsche Reich befallen, und wenn es nicht sofort mit einem heilkräftigen Gegenmittel unterstützt wird, dürfte zweifellos der Tod folgen.

Man wird nach dem Kaisertum in Deutschland suchen, aber man wird es dort nicht finden. Infolge dessen werden Fremde unsere Stelle einnehmen, wir unter ihnen aufgeteilt und so einer anderen Nation unterworfen. Man kann aber nicht besser Vorsorge treffen, als auf den schon gewohnten und erprobten alten Pfaden, zu denen wir notwendigerweise durch eine Reform zurückkehren müssen[15].

Der gesellschaftliche Körper muss durch die Wiederherstellung der verloren gegangenen Ordnung zur Genesung gebracht werden. Im 29. Kapitel des 3. Buches der DCC beginnt Nikolaus von Kues eine Untersuchung der Ursachen, zu einem Teil objektiven, zum anderen subjektiven Charakters, die das Reich in diesen desolaten Zustand versetzten. Neben dem moralischen Verfall und der Nichtbeachtung der Gesetze[16], findet seine besondere Beachtung und Besorgnis das Problem der schwachen Exekutiven, woraus die Unmöglichkeit der Rechtsdurchsetzung resultiert („… non deficium canones, sed executiones“[17] ).

In den nächsten fünf Kapiteln werden die einzelnen Gründe einer erheblichen Schwächung des Gemeinwesens der Reihe nach ausführlich behandelt. Einen schwer lösbaren Problemenkomplex bilden dabei die wachsende Stärkung der territorialen Macht, die durch die Übertragung von Regalien zustande kommt (DCC III, 500-503), das Problem des Landfriedens (bzw. unrechtmäßige Fehdeführung, DCC III, 504) sowie zahlreiche Mängel im Gerichtswesen (DCC III, 506).
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