vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.“ Ist das die Sprache von seriösen Wissenschaftlern, handelt es sich um eine angemessene Einschätzung für ein Papier der Bundesregierung?

All diese Passagen hat Otto Kölbl geschrieben, der Sprachprüfer aus Lausanne. Er habe die erste Fassung verfasst, sagte er WELT AM SONNTAG: „Und ich bin auch der Meinung, dass alles, was dort steht, korrekt ist. Es ist einfach die Realität, in Wuhan ist genau das passiert. Sie haben nicht aus Spaß in Windeseile und mit wahnsinniger Energie Krankenhäuser neu gebaut. Und dann gab es die Geschehnisse in Bergamo. Das ist alles ein paar Hundert Kilometer von uns entfernt passiert.“

Die Menschen müssen sich vor Covid-19 fürchten, nur so halten sie sich an die von der Regierung beschlossenen Regeln – das ist die Idee. Das Volk als auf Linie gebrachte Masse, voller Angst vor dem unsichtbaren Feind. Es ist eine Strategie, die gut zu einem autoritären Staat passt, zu China etwa, wo das Virus zuerst ausbrach und wo sie mit aller Härte reagierten. Fast eineinhalb Monate sperrten die Machthaber Millionen Menschen in Wuhan in ihren Wohnungen und Häusern ein.

Im Blick auf das chinesische Vorgehen in der Virusbekämpfung erhofften sich Kerber und seine Leute offenbar Einschätzungen von Personen wie Kölbl, die sich zwar beruflich nie mit Epidemien beschäftigt hatten, aber immerhin mal etwas mit China zu tun hatten und – fachfremd hin oder her – eine klare Position zur Notwendigkeit der Viruseindämmung vertraten.

Kölbl preist Mao nicht erst seit heute auf Twitter. Schon seit Längerem argumentiert er so auf seinem persönlichen Blog namens „Rainbowbuilders“ („Regenbogen-Bauer“), dort verteidigt er auch Chinas Tibet-Politik. Das war kein Ausschlusskriterium für die Arbeit mit und für ein deutsches Ministerium. Auch Gastbeiträge in chinesischen Zeitungen, in denen Kölbl über die westlichen Medien hetzt und die auch 2020 schon einsehbar waren, verhinderten nicht, dass seine Gedanken breit Eingang in das Papier fanden.
Die Arbeit und Kölbls Passagen stellten die Auftraggeber jedenfalls zufrieden. Das Dokument sei sehr gut angekommen „und wird in seiner hohen Qualität und Umsicht nun den Weg ins Krisenkabinett der Bundesregierung finden“, schrieb Staatssekretär Kerber in einer E-Mail.

Kurz danach löste sich die Taskforce wieder auf. Kölbls Mitstreiter und Förderer Maximilian Mayer kämpft heute intensiv für die No-Covid-Idee, bei der mit autoritären Maßnahmen das Virus möglichst ausgerottet werden soll. Kölbl selbst ist zurück an der Uni Lausanne. Die von ihm angepriesene Kommunikationsstrategie der Angst wird von zahlreichen Politikern, Wissenschaftlern und Medizinern bis heute verfolgt. Kölbl findet das richtig, für ihn bedeutet das, die Wahrheit zu sagen.

Was Kölbl schlussendlich für die wichtige Aufgabe im BMI befähigt hatte, bleibt das Geheimnis des Bundesinnenministeriums. Auf mehrere Anfragen von WELT AM SONNTAG reagierte die Regierung nicht.
WamS, 21. Februar 2021

https://www.welt.de/politik/deutschland/plus226761145/Corona-Expertenrat-Das-Innenministerium-und-der-Germanist.html
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