Zur Schweden-Wahl:

Es ist an der Zeit etwas Wasser in den Wein zu gießen.

Die Niederlage der *sogenannten* linken Parteien hängt sehr viel damit zusammen, dass der Wahlkampf thematisch weitgehend von der Bandenkriminalität dominiert wurde. Hier taten sich die Sozialdemokraten schwer. Deren Migrationsminister schlug im Sommer ein ähnliches Gesetz wie in Dänemark vor: Problem-Stadtteile sollten künftig zu mindestens 50 Prozent von Menschen mit "nordischer Herkunft" besiedelt werden. Und wurde von Partei- und Regierungschefin Anderson schnell wieder eingefangen. Nur um mal anzudeuten mit welchen Bandagen hier gekämpft wurde.

Die bürgerlich-konservative "Moderate Sammlungspartei", die ebenfalls bürgerlich-liberale Zentrumspartei, die "Volkspartei Die Liberalen" und die Christdemokraten hatten die vergleichsweise liberale Einwanderungspolitik bis 2014 mitgetragen. Im Zuge der Flüchtlingskrise wurde ab dem Jahr 2016 der Zuzug nach Schweden erschwert. So führte die regierende sozialdemokratischen Partei, teils mit Unterstützung der Grünen und der Zentrumspartei Grenzkontrollen ein und erließ ein Gesetz, das Schutzberechtigten nur noch für bis zu drei Jahre Schutz gewährt. Auch der Familiennachzug wurde erschwert.

Im Wahlkampf stimmten fast alle Parteien Schwedens - quer durch das politische Spektrum - darüber ein, dass es mehr repressive Maßnahmen brauche: etwa mehr Polizei und härtere Strafen für Täter.

Ansonsten ging es noch um Energie: Krise, Wende und Preise. Und, natürlich immer und rund um die Uhr um die Frage:

Darf man mit den Schwedendemokraten? Prominente distanzierten sich von Ulf Kristersson (Moderaterna =angeblich "bürgerlich konservativ", in D am ehesten mit Union zu vergleichen), der jetzt Premierminister in Spe sein soll. Eigentlich ist er Wahlverlierer, denn seine Partei hat zum ersten Mal weniger Stimmen als die angeblich "rechtspopulistischen" Schwedendemokraten.

Nach Stand der Dinge - und das muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen - sollen Letztere nun, ausgestattet mit mehr Sitzen im Parlament als die drei anderen rechten Parteien, aus der Regierung herausgehalten werden und diese nur tolerieren. Ob man sich einig wird? Wie lange das hält? Man weiß es nicht.

Was zum Beispiel fast gar keine Rolle mehr im Wahlkampf gespielt hat, obwohl es Umfragen zufolge viele junge Schweden bewegt, war der NATO-Beitritt. Das bescherte der Linkspartei über zwei Prozentpunkte mehr, die sich damit nicht anfreunden will und medial entsprechend geframed wird.

Oder: Corona. Das Thema überhaupt der letzten zwei Jahre wurde im Wahlkampf völlig, wirklich komplett ausgeklammert. Wie in Deutschland. Verdächtig.

Haben sie jetzt doch alles richtig gemacht? Ist man sich doch schon einig, wie es weitergeht?

Ulf Kristerssons Partei "Moderaterna" stellte beispielsweise 2021 einen Antrag im Reichstag mit dem Titel: "Schweden soll das beste Land der Welt in Sachen Sharing economy werden." Wie toll es wäre, wenn ein Auto nicht nur ein paar Prozent seiner Lebensdauer genutzt würde und man es teilen könnte:

https://www.riksdagen.se/sv/dokument-lagar/dokument/motion/sverige-ska-bli-varldens-basta-land-for_H8023477

Da sind sie sich mit den anderen Parteien einig. Nur wie das erreicht werden soll, will niemand sagen. Die Grünen hatten hier sehr konkrete Vorstellungen. Ihr Ergebnis: 5,1 Prozent.

Ich habe den Eindruck das viele wichtige Fragen und Vorhaben im schwedischen Wahlkampf gar nicht diskutiert wurden. Dass die "regierungsfähigen" Parteien sich hier sehr ähneln - ob "linker" oder "rechter" Block.

Ähnlichkeiten zu Deutschland sind hier sicher nicht nur rein zufällig.

Und deswegen bezweifle ich momentan doch stark, dass sich in Schweden sehr viel ändern wird - im Vergleich zu bisher. Oder auch im Vergleich zu einer Regierung unter Führung der Sozialdemokraten.

In Deutschland hat die Union das IFSG auf der Oppositionsbank abgelehnt, im Bundesrat jedoch nicht.

Würde sie noch regieren, wäre es vermutlich noch schärfer ausgefallen...

teleg.eu/s/Rosenbusch
The Best Dell Monitor for Your Needs