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♦️ARMINIUS ERBEN - SONDERBERICHT

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Glyphosat entsteht womöglich aus Waschmittel

TEIL 2/2

Die Vermutung ist keineswegs so abwegig, wie sie auf den ersten Blick scheinen mag – im Gegenteil. In Europa verkaufte Waschmittel enthalten oft Aminomethylphosphonate. Diese Moleküle binden sehr gut Kalzium und Magnesium und verhindern dadurch Kalkablagerungen. Wenn sie sich zersetzen, entsteht als Abbauprodukt ebenfalls AMPA. Glyphosat ist mit ihnen strukturell stark verwandt. Will man die Gesamtbelastung mit Glyphosat in der Umwelt messen, muss man zu dem Stoff selbst auch das Abbauprodukt AMPA addieren. Doch das kann auch aus Waschmittel stammen.
Glyphosat entsteht bei keinem bisher bekannten Prozess. Die Arbeit von Huhn und ihrem Team stellt das nun in Frage. Die Anomalie würde zudem erklären, weshalb in Europa die bisherigen Maßnahmen, die Glyphosatbelastung zu reduzieren, so schlecht wirken. So ist das Herbizid zum Beispiel in Luxemburg seit 2021 komplett verboten – die Daten von Huhns Arbeitsgruppe zeigen jedoch keinen dazu passenden Rückgang von Glyphosat im Oberflächenwasser.

Bakterien in Kläranlagen könnten Glyphosat herstellen
Huhns Team hat bereits einen Hauptverdächtigen: DTPMP, kurz für Diethylentriaminpenta(methylenphosphonsäure). Von der Substanz mit dem sperrigen Namen landen jährlich zirka 3000 Tonnen in Waschmitteln, dazu kommen rund 1500 Tonnen in Kühlkreisläufen, industriellen Reinigungsmitteln und weiteren Anwendungen. »Wir haben es hier schon mit einem Stoff zu tun, der für die Gewässer relevant ist«, urteilt Huhn. Denn selbst wenn Kläranlagen 80 bis 90 Prozent dieser Stoffe zurückhalten, gelangt noch eine beträchtliche Menge in die Gewässer.
Ein wesentliches Indiz ist dabei der Vergleich mit den USA. Dort nämlich werden Stoffe wie DTPMP nicht in Waschmitteln eingesetzt, und das für die Agrarindustrie typische Muster an Glyphosatemissionen ist in den Flüssen erkennbar. In Europa dagegen verdeckt demnach das mutmaßlich aus der Waschmaschine stammende Glyphosat das Muster aus der Landwirtschaft.
Auf welchem Weg Glyphosat nun genau aus DTPMP entsteht, versuchen Huhn und ihr Team gerade aufzuklären »Es gibt kaum Studien zum Abbau dieser Stoffe«, gibt die Chemikerin zu. Sicher ist sie allerdings bereits, dass Glyphosat nicht in der Waschmaschine entsteht. Das legen die Versuche der Tübinger Gruppe nahe. Ihrer Erkenntnis nach bildet sich der Unkrautvernichter in der Kanalisation sowie in der Kläranlage. Das Team hat frischen Klärschlamm mit Bakterien inkubiert und untersucht, ob DTPMP abgebaut wird. »Wenn wir große Mengen DTPMP dazugeben, entstehen auch Glyphosat und AMPA», erläutert die Doktorandin Lisa Engelbart. Huhn vermutet zusätzlich zum mikrobiellen Abbau jedoch noch weitere Faktoren.
Stellen sich die Ergebnisse der Gruppe als richtig heraus, hat das laut Carolin Huhn direkte Konsequenzen: »Dann müsste das REACH-Verfahren für DTPMP neu aufgerollt werden«– die Substanz müsste also bei der Europäischen Chemikalien Agentur (ECHA) neu registriert werden, eine Risikobewertung würde dann auf Grund der neuen Daten vorgenommen. »Wir müssen uns überlegen, ob wir wirklich einen Komplexbildner wollen, aus dem in der Kläranlage ein hochpotenter Wirkstoff entsteht«, urteilt sie. Immerhin hat die ECHA Glyphosat als kritisch für Wasserorganismen eingestuft. Die Publikation ist derzeit auf dem Preprint-Server zu lesen, eine Begutachtung durch externe Experten für ein wissenschaftliches Journal läuft.

@arminius_erben
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